Die meisten Montagebetriebe in Ciudad Juárez sind US-amerikanische Unternehmen. Doch es gibt auch dt. Unternehmen, die von fehlenden Arbeitsrechten an der Grenze profitieren. (Foto: Manuela Heuser)
Die meisten Montagebetriebe in Ciudad Juárez sind US-amerikanische Unternehmen. Doch es gibt auch dt. Unternehmen, die von fehlenden Arbeitsrechten an der Grenze profitieren. (Foto: Manuela Heuser)

Treffen mit Maquilaarbeiterinnen und Arbeitsrechtsanwältin

Von Simon Stursberg

Am Dienstag trafen wir uns mit der Rechtsanwältin Susana Prieto, der einzigen Anwältin mit der Spezialisierung auf Arbeitsrecht in Juarez. Susanna empfing uns gemeinsam mit ehemaligen Maquila-Arbeiterinnen im Arbeitszimmer ihres Büros. Maquiladoras sind Montagewerke, wie sie besonders hier in Juarez zu Hunderten vorhanden sind. Dort werden unter sehr schlechten Arbeitsbedingungen Einzelteile unter Anderem für Autos und Elektronikgeräte für die großen Industrieländer des globalen Nordens hergestellt.

In dem Gespräch versuchten Susana und die anwesenden Frauen, ein Bild von der Arbeitswelt der hiesigen Maquiladoras zu geben. Die schlechten Arbeitsbedingungen beschreiben sie als symptomatisch für ein System aus Korruption und sklavenähnlichen Verhältnissen. Es gibt keine Pausenzeiten und die Kosten von der An- und Abfahrt im Personaltransport – oft mindestens eine Stunde Fahrtweg durch die Stadt werden vom Lohn abkassiert. Die Rechte der ArbeiterInnen werden kaum geschützt, im Krankheitsfall werden sie selten länger als drei Tage krank geschrieben. Bleiben sie der Arbeit trotzdem länger fern, werden Ihnen diese Tage vom Urlaub abgezogen. Der gesetzlich vorgesehene Urlaub beträgt hier in Mexiko sechs Tage im Jahr – zum Vergleich haben wir in Deutschland einen Mindestanspruch von 24 Tagen pro Jahr bei Berufseinstieg.

Der Zusammenhalt dieser Frauen unter der Koordination der Rechtsanwältin Prieto wirkt bemerkenswert. Zusammen organisieren sie Proteste, Streiks und Widerstandsaktionen mit sämtlichen Mitteln des zivilen Ungehorsams. Die Antworten von Konzernleitung und Regierungsbehörden sind Bedrohungen bis hin zu gewalttätigen Attentaten. Doch diese Brutalität hält die Frauen, vor allem Susana, nicht davon ab, weiter für Ihre Anliegen einzustehen und zu kämpfen. Doch dieser Kampf wird wohl noch lange dauern, da die Korruption der Arbeitswelt tief verwurzelt und verwebt ist mit Politik und organisiertem Verbrechen. So sind die Arbeiterinnen zum Beispiel gezwungen, weil es keine Kindergärten, oder andere Betreuungsmöglichkeiten gibt, ihre Kinder unbeaufsichtigt zu Hause zu lassen. So erzählte uns Susanna von einem Fall, indem eine Tochter einer Arbeiterin aus ihrem Haus entführt wurde, während sie in der Maquila arbeiten musste.

Es wirkt wie ein Konflikt zwischen David und Goliath, in Deutschland werden die Rechte von ArbeiterInnen durch Gewerkschaften wie Verdi oder die IG-Metall geschützt. Auch in Mexiko gibt es Gewerkschaften, diese stehen aber oftmals entweder Unternehmen oder der Regierung nahe. In beiden Fällen also schlechte Voraussetzungen für einen effektiven und fairen Arbeitsschutz.

MEXIKO – Arbeitsbedingungen an der Grenze
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