Mit spitzer Feder

Zu Besuch beim politischen Karikaturisten Constant Tonakpa mit Atelier im Haus der Fondation de lʼEntrepreneurship du Bénin, Place du Quebec, Cotonou am 08.08.2019

Von Hannimari Jokinen

An einer breiten Treppe in luftiger Höhe steht das kleine Ein-Raum-Atelier von Tonakpa, der uns freundlich empfängt. Seit 15 Jahren zeichnet der Künstler politische Karikaturen mit spitzer Feder, zunächst für das Morgenblatt „Le Matinal“ und für „Benin Web Civil“, später für die wichtigsten Zeitungen des Landes. Heute illustriert er auch Schulbücher und Comic-Hefte.

Zu Besuch beim beninischen Karikaturisten Tonakpa in seinem Atelier in Cotonou.

Tonakpa fing seine Karriere als Autodidakt an. Seine ersten Cartoons malte er noch mit einem unglücklicherweise sehr lange trocknenden Gemisch aus Wandfarbe und Benzin, später mit Feder und schwarzer Tusche made in China. Heute fertigt er seine Zeichnungen digital an seinem Tablet an, den er dankbar sein „Zauberding“ nennt.

Seit 1995 ist er Mitglied, zeitweilig auch Vorsitzender, in der Vereinigung der Pressekarikaturisten und Graphic Novelists. Dabei beteiligte er sich an zahlreichen Ausstellungen in Benin, Togo und Guinea. Einen Monat lang besuchte er die Brüsseler Kunstakademie und bereiste dann Frankreich und die Niederlande.

Neben vielen Anerkennungen erhielt er 2006 die renommierte Auszeichnung der „Reporter ohne Grenzen“ in Paris. Diese Würdigung brachte ihm einen symbolischen Preis von 100 Euro, der mit der Bedingung gekoppelt war, den Betrag für seine Materialkosten auszugeben. Diese kleinliche Vorgabe empfindet der Künstler als neokoloniale Gängelung.

In seinen Karikaturen kommentiert Tonakpa politische Ereignisse weltweit.

Zum Einfluss der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich gefragt, erinnert sich Tonakpa, dass sein Großvater kein Französisch sprach. Umgekehrt war es in seiner eigenen Schulzeit streng verboten, die Landessprache Fon zu sprechen. Heute sei er jedoch froh, die französische Sprache gut zu beherrschen, weil er damit in seinen Karikaturen auch internationale Themen aufgreifen kann. Zeitungen in der Fon-Sprache fänden leider keine Verbreitung, weil viele Menschen in Benin noch Analphabeten sind.

Europa sei kein Paradies, und Afrikaner*innen sind in Europa ohnehin nicht willkommen, sagt Tonakpa. Die Idee der Demokratie kommt zwar aus Europa, doch sein Land brauche eine eigene demokratische Kultur. Er liebe sein Land, seine Traditionen und die religiöse Toleranz. Er ist überzeugt, dass die Zukunft dem jungen Kontinent Afrika gehört, wie es Felwine Sarr in seinem Buch „Afrotopia“ formuliert. Seine Regierung sollte in ein neues Bildungssystem ohne französischen Einfluß investieren. Ein Vorbild könne China sein, das viel in Bildung investiere und sich stark entwickelt habe.

1960 erlangte Benin seine Unabhängigkeit vom französischen Kolonialismus. Später war die erste Wahlperiode des Präsidenten Mathieu Kérékou eine repressive Zeit mit einem marxistisch-leninistischen Einparteiensystem. Vetternwirtschaft und Korruption grassierten, Presse- und Meinungsfreiheit wurde stark eingeschränkt, Journalist*innen inhaftiert, und die Bevölkerung musste hungern. Auch wenn es heute weitaus mehr Freiheiten gibt, ist die ehemalige Kolonialmacht nach wie vor sehr präsent. Vor allem sieht Tonakpa die Landeswährung CFA Franc kritisch, weil Frankreich und auch der Euro davon sehr profitieren. Wie alle unsere Gesprächspartner*innen in Benin, befürwortet auch er eine eigene gemeinsame Währung für die westafrikanischen Länder.

Bei den Wahlen im April 2019 durften nur Politiker*innen kandidieren, die dem Staatspräsidenten Patrice Talon nahe standen. Offiziell ist die Pressefreiheit zwar garantiert, doch es wird von Journalist*innen gefordert, die Regierung im positiven Licht darzustellen. Tonakpa hält dagegen an, indem er den Staatsoberhaupt als Chamäleon darstellt.

Die heute eher versteckte Repression bekam der Karikaturist zu spüren, als sein Arbeitgeber seine kritischen Zeichnungen nicht mehr abzudrucken wagte. Zum Glück habe er wieder zu einer unabhängigen Arbeit gefunden und wünscht sich, mehr in Social Media veröffentlichen zu können.

Auf der rechten Seite eine Karikatur des ehemaligen beninischen Präsidenten Mathieu Kérékou.

Für lange Zeit wurde die beninische Kunsttradition von den kolonisierenden Missionaren als nichtchristlich verboten. Das Medium politische Karikatur, das aus dem Westen und aus Asien nach Benin gekommen ist, bietet heute eine hervorragende Verbreitung satirischer und widerständiger Ideen, sagt Tonakpa.

Tonakpas Facebook-Seite
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Benin – Gespräch mit Constant Tonakpa

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