Von den Gründungstagen Israels über den Anti-Terror Zaun zu den Wasserfällen der Golanhöhen
ca. 15. August bis 1. September 2004

Seit Beginn der zweiten Intifada im Herbst 2000 ist Israel wieder verstärkt ins Blickfeld der deutschen politischen Öffentlichkeit geraten, wobei Deutschland sich erstmals herausnimmt, im sogenannten Nahostkonflikt vermitteln zu wollen. Vor 1989 hätten derartige Versuche noch für Skandale gesorgt. Die scheinbare Neutralität der deutschen Vermittlerposition wird schon dadurch zur Farce, dass Deutschland im Rahmen der EU einer der Hauptfinanziers der palästinensischen Autonomiebehörde ist, deren offizielle Schulbücher die Existenz Israels schlicht verneinen. Mit dieser finanziellen Unterstützung geht eben keinerlei wahrnehmbarer politischer Druck auf die Autonomiebehörde einher, beispielsweise gegen potentielle Selbstmordattentäter aktiv vorzugehen.

Im Gegenteil: Die EU ist eifrig darum bemüht, die von Israel vorgelegten Beweise für eine Verstrickung der Autonomiebehörde in den antisemitischen Kampf der Intifadamörder zu ignorieren. Erst kürzlich wurden vertrauliche Informationen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung ausgeplaudert, nach denen die von der israelischen Regierung gesammelten Dokumente authentisch seien. Die Dokument beweisen sowohl eine Verbindung zwischen Fatah und Al-Aqsa-Brigaden als auch die verdeckten Mechanismen zur Umlenkung von EU-Hilfsgeldern zur Finanzierung des Terrors gegen Israel.

Währenddessen ist sich die Bundesregierung nicht zu schade, mit der antiisraelischen Hizbollah zu debattieren und erkennt diese militante Organisation als Gesprächspartner an. So eröffnete Peter Zöppel, Sprecher des „Gesprächskreises Naher und Mittlerer Osten“ der SPD-Bundestagsfraktion, Ende Februar eine Konferenz in Beirut, an der neben der Friedrich-Ebert-Stiftung, dem Orient-Institut der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft und dem Zentrum für Christlich-Islamische Beziehungen der Universität Birmingham auch der stellvertretende Hizbollah-Generalsekretär Sheikh Naeem Qasim teilnahm.

Seit dem Anschlag vom 11. September 2001 gegen das World Trade Center in New York geraten Israel und die USA immer stärker in das Sperrfeuer internationaler Kritik. Eine deutlich offenere antizionistische Haltung auch der deutschen Medien lässt sich beobachten, wenn immer wieder die militärische Repressivität israelischer Panzer den Steine werfenden palästinensischen Jugendlichen gegenübergestellt wird. Welche Gefahr dies birgt, zeigt nicht erst die von der EU in Auftrag gegebene und ob ihrer allzu eindeutigen Ergebnisse unterdrückte Studie Manifestations of Anti-Semitism in the European Union (Wien, 03/2003), dass antiamerikanisches wie antizionistisches Ressentiment im Antisemitismus konvergieren und dass darin traditionelle Rechtsextremisten sowohl mit Globalisierungsgegnern als auch Islamisten ideologisch übereinkommen.

Auch in der deutschen Linken ist Interessantes zu beobachten. Die Auseinandersetzungen um Positionierung zu Israel werden zunehmend verbissener geführt, wie die Handgreiflichkeiten auf einer Demonstration im Februar dieses Jahres gegen einen Naziaufmarsch in Hamburg zeigen, bei der israelsolidarische Teilnehmer des Demonstrationszuges aufgrund der mitgeführten Israelfahnen bedrängt wurden und sich zum Teil eindeutig mit der „Intifada“ und dem „Palästinensischen Befreiungskampf“ solidarisiert wurde.

Im Bewusstsein all dessen möchten wir nach Israel fahren, um uns dort selbst ein Bild zu machen und mit Menschen aus verschiedenen Einrichtungen und Organisationen zu sprechen.

Inhaltlich soll die Reise die drei folgenden Themenbereiche abdecken:

Der erste Bereich dreht sich um die Geschichte und das Selbstverständnis des Staates und seiner Bewohner vor dem Hintergrund der Shoah und des Antisemitismus/Zionismus als Emanzipationsbewegung. Neben dem Besuch von Yad Vashem, dem Ghettokämpfermuseum und der Kindergedenkstätte Lochamai Hagetaot treffen wir Shoa-Überlebende und erfahren von der Organisation Amcha über ihre psychologisch-soziale Betreuung Überlebenden und ihren Kindern und Kindeskindern. Zur Geschichte der Einwanderung werden wir eine Führung im Museum der Illegalen Einwanderung machen und uns genauer mit der Frage der Bedeutung der Untergrundarmeen Haganah/Etzel für die Gründung des Staates beschäftigen.

Der zweite Topos beschäftigt sich mit der Komplexität der Gesellschaft, ihrer inneren Schwierigkeiten und Widersprüche: Integration und soziale Konflikte für Neueinwanderer aus aller Welt, säkulare Lebensrealitäten in Tel Aviv und Religion in Jerusalem, außerdem die politisch-sozialen Auseinandersetzungen innerhalb des Staates. Zu diesem Themenkomplex möchten wir verschiedene Sichtweisen auf die israelische Gesellschaft kennen lernen, indem wir Vertretern politischer und sozialer Gruppen und Parteien unsere Fragen stellen (z.B. Gewerkschaft Histadrut, große Parteien wie Likud oder Avoda). Um den heutigen Umgang und die Problematik der Einwanderung kennen zu lernen, ist angedacht, mit dem Ministry of Immigration sowie deutschen, russischen und äthiopischen Einwandererorganisationen zu sprechen. Der Kibbuz als Entwurf für eine besondere Form gemeinsamer Lebens- und Arbeitsorganisation ist einzigartig in Israel und ist somit besonders spannend zu untersuchen auf seinen realen und utopischen Gehalt.

Unser dritter Schwerpunkt liegt auf der Frage nach den Auswirkungen der aktuellen politischen Lage, den Auswirkungen des Terrors auf die Gesellschaft, Sicherheits- und Friedenskonzepten verschiedener Parteien und Organisationen. Aber auch die Situation in der palästinensischen Gesellschaft ist für uns von Interesse, wie z.B. der Einfluss islamistischer Gruppen: Memri und Palestinian Media Watch sind Organisationen, die den Antisemitismus arabischer Medien untersuchen, während HaAguda eine Schwulen/Lesben-Organisation ist, die uns Fragen zur sexuellen Diskriminierung und Verfolgung in den Palästinensischen Gebieten beantworten kann. Des Weiteren besichtigen wir die Trauma-Abteilung des Hadassa-Krankenhauses in Jerusalem und sprechen mit Keren Hayesod, einer Organisation die Terroropfer medizinisch und psychologisch betreut. Mit einem Pressesprecher der Israelischen Verteidigungs-Armee (IDF) besuchen wir den Anti-Terror-Zaun und erläutern seinen sicherheitspolitischen Aspekt. Des Weiteren treffen wir Peace Now, die uns über die Situation der Friedensbewegung und die Siedlungen innerhalb der Westbank Auskunft geben.

Teile der Reise sind bereits geplant, aber einiges auch noch offen. Das heißt einerseits, dass ihr eure eigene Wünsche und Vorstellungen (z.B. bezüglich der Themenschwerpunkte, den Gesprächsterminen und Reisezielen im Land) noch einbringen könnt, und andererseits, dass ihr bereit sein solltet, organisatorische und inhaltliche Aufgaben zu übernehmen. Auch der touristische Aspekt sollte nicht zu kurz kommen: wir werden die Wüste kennen lernen, im Golan von Wasserfällen springen und bei sengender Hitze Massada, die Rückzugs-Feste der Aufständischen im römisch-jüdischen Krieg, erklimmen, um uns danach im Toten Meer abzukühlen. Individuelle Verlängerungen des Aufenthalts sind nach Absprache möglich.

Der Teilnahmebeitrag wird zwischen 400 Euro und 500 Euro liegen, wenn Fördermittel bewilligt werden. Wenn keine Fördermittel bewilligt werden, wird die Reise ca. 700 € kosten. Dies erfahren wir in den letzten Juni-Tagen 2004

Teilnahmebedingungen sind neben der Bereitschaft zur gemeinsamen Vorbereitung der Fahrt eine grundlegend solidarische Haltung zu Israel und seinen BewohnerInnen und keinerlei explizite oder implizite antizionistische Haltung.

Bitte meldet euch früh an, da eine gemeinsame Vorbereitung mit der gesamten Reisegruppe unerlässlich ist und nicht unter Zeitdruck erfolgen soll.

Teamer: Gunnar

Infos, Interessebekundungen und Anmeldung: israel @ iak-net.de

Solidaritätsreise nach Israel
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