Dokumentarfilm als Ausdrucksmittel eines multiperspektivischen Blicks auf Ciudad Juárez


Der Dokumentarfilmer Angel Estrada hat an der UACJ (Universidad Autónoma de Ciudad Juárez) Bildende Kunst studiert, lebt und arbeitet in Ciudad Juárez – nicht zuletzt weil er die Stadt für einen Flecken fruchtbarer Erde inmitten der Wüste hält. Das Besondere sei die Möglichkeit, an der Gestaltung dieser Stadt aktiv teilnehmen zu können, Projekte zu initiieren, die anderswo kaum Beachtung fänden, für die Bewohnerinnen und Bewohner von Juárez aber von großer Bedeutung sind, wie beispielsweise das Café Único, das es nun seit genau einem Jahr gibt. Hier finden regelmäßig kulturelle Veranstaltungen, wie Lesungen und Ausstellungen statt.

In den Geschichten, die Estrada erzählt, nehmen die verschiedenen Lebensrealitäten der Menschen in Ciudad Juárez eine zentrale Rolle ein. Er interessiert sich für das Intime, das Persönliche. Die Gewalt in der Stadt thematisiert er nicht direkt. Durch die Geschichten der Menschen werde das System der Gewalt expliziter, sagt Angel Estrada. Seine Protagonistinnen und Protagonisten sind oftmals Kinder und marginalisierte Gruppen, die eher Opfer von Gewalt werden: Indigene oder beispielsweise Maquilaarbeiterinnen, wie in seinem Kurzfilm „Tierra prometida“ aus dem Jahr 2004 (Trailer: www.youtube.com/watch?v=DUiC2zC9KBU). Dieser Film handelt von einer Familie, die zum Arbeiten in die Stadt kommt. Er erzählt aber auch von Erinnerungen, Träumen, harter Realität, in der die Kinder mit dazu verdienen müssen, von Lernerfolgen und abwesenden Vätern. Vor allem aber wollte Angel Estrada einen Film über das Leben und den Alltag einer Maquilaarbeiterin drehen, da sonst bloß die Geschichten der getöteten Arbeiterinnen bekannt geworden sind, wie er seine Motivation begründet. Seit 2004 habe sich an der Realität der Maquilaarbeit nichts deutlich verändert und die Orte seien heute noch genauso wie im Film, weshalb dieser nicht an Aktualität verloren habe, fügt Estrada im Gespräch hinzu.

Einen ganz anderen Blick auf die Stadt schafft Estrada in seinem Kurzfilm „Mago…El misterio de la vida“, Mago…das Geheimnis des Lebens, ein Porträt der Künstlerin Mago Gándera aus Ciudad Juárez (Trailer: www.youtube.com/watch?v=Oljd0bxnRHU).

Mago verlässt nach mehr als 30 Jahren Ehemann und Familie, um sich selbst zu verwirklichen und einzig und allein ihrer Kunst zu widmen. Sie schafft Wandmosaike, ihre Arbeiten sind in der ganzen Stadt zu sehen, über sie als Künstlerin ist allerdings wenig bekannt. Angel Estrada erzählt zum einen die emanzipatorische Geschichte einer Frau und zum anderen thematisiert er die Widersprüche und – wie er es nennt – die Unmöglichkeit der Kunst in dieser Stadt, der von offizieller Seite weder Wertschätzung noch langfristige Investitionen entgegengebracht werde. Eine Stadt, in der keine Kunst möglich ist, sei seiner Meinung nach keine gesunde Stadt.

Für diesen dokumentarischen Kurzfilm wurde Estrada 2008 für den Premio Ariel nominiert – den wichtigsten mexikanischen Filmpreis.

Angel Estrada:

Vimeo: vimeo.com/user2337518

Youtube: www.youtube.com/user/angestra

Café Único: www.facebook.com/Caf%C3%A9-%C3%9Anico-581644471962234/timeline

Adresse: Paseo Triunfo de la Republica 4051, im Plaza Triunfo

28. September 2015: Filmabend mit dem Dokumentarfilmer Angel Estrada

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