Ein Gespräch mit Fian International

Im Büro von Fian Honduras empfing uns der Direktor Gilberto Rios. Er und seine Kollegin Claudia Piñeda gaben uns einen Überblick über ihre Arbeit in Honduras, über die Situation der Landbevölkerung und speziell die Situation in der Konfliktregion Bajo Aguan. Das Hauptthema der Arbeit von Fian ist das Recht auf Nahrung. FIAN Honduras arbeitet eng mit Via Campesina zusammen.

Ähnlich er Einschätzungen  die wir in unseren bisherigen Gesprächen hörten, steckt auch für Gilberto Rios Honduras mitten in einem gewaltsamen Konflikt sowie in einer tiefen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Krise.  Staatsbeamte wie Lehrer, Militärs und Justizbeamte würden nur schleppend bezahlt, die Staatsschulden seien gigantisch und die aktuelle Regierung sehe die Lösung im Ausverkauf von Ressourcen.

Immer schneller werden Minen konzessioniert, Wasserkraftwerke entstehen, Modellstädte werden geplant u.v.a.m. Für die Landwirtschaft bedeutet das die Konzentration auf den Agroexport. Ein Beispiel dafür ist das aktuelle Projekt einer Schweizer Firma, die in der Nähe von Bajo Aguan 10.000 Hektar zur Biodieselherstellung mit Sonnenblumen bepflanzen möchte. Dafür werden die BewohnerInnen vertrieben und der Rio Platano, ein Naturschutzgebiet, in Gefahr gebracht.

Vor allem Ölpalmen zur Energiegewinnung werden zur Zeit in großem Massstab angebaut, demnächst auch Rohrzucker, ebenfalls zur Kraftstoffgewinnung. Die Preise für Energiepflanzen auf dem Weltmarkt sind sehr gestiegen, deshalb wird immer mehr Fläche gewaltsam von Großgrundbesitzern angeeignet. In Bajo Aguan gibt es darüber hinaus eine ganze Reihe von Minenprojekte von kanadischen, chilenischen und schweizerischen Unternehmen.

Seit dem Putsch sind Konzessionen für  Minenprojekte leicht zu bekommen, ein neues Minengesetz steht kurz vor der Verabschiedung, das die sozialen Konflikte weiter verschärfen wird. Gilberto erzählte von der Ermordung von 5 Campesinos der Bauerngewerkschaft MUCA durch Sicherheitskräfte des Großgrundbesitzers Miguel Facussé auf der Finca EL Tumbador. Facussé hat sogar zugegeben, dass dahinter seine Männer steckten. Die Justiz steht jedoch meist auf Seiten der Großgrundbesitzer. Die nationale Agrarbehörde INA hat zwar Aufklärung versprochen, es ist aber nichts passiert.

Auch die Gemeinde Rigores befindet sich im Konflikt. Großgrundbesitzer bieten den Campesinos das von ihnen beanspruchte Land zu einem so hohen Preis an, dass nach einer Berechnung von FIAN allein die Zinsen der nächsten 15 Jahre niemals mit dem Anbau von Agrarprodukten zu erwirtschaften sind.

Um die Landkonflikte zu verstehen, hilft ein Ausflug in die Geschichte. Nach der Agrarreform von 1974 waren 90% des Landes im Aguantal im Staatseigentum bzw. Gemeindeland. 1990 verabschiedete die Regierung im Rahmen von Strukturanpassungen ein Gesetz zur Modernisierung des Agrarsektors, das dazu führte, dass viele Kleinbauern und Kooperativen, oft unter Druck, Gewalt und Manipulation, zu geringen Preisen verkauften.

Langwierige Gerichtsverfahren waren die Folge. Im Fall der MARCA Kooperativen, wo es nach 14 Jahren zu einem für sie positiven Urteil kam und die Räumung der Großgrundbesitzer beschlossen worden war, hob ein anderes Gericht den Spruch 3 Tage später einfach wieder auf.

Weitere gewaltsame Räumungen durch Polizei und Militär fanden aktuell in Salado Lislis in der Nähe von Bajo Aguan statt. Dort hat Dole (früher United Fruit Company) die Räumung von Kleinbauern von ihrem Land erwirkt. Da es die einzige Lebensgrundlage der Campesinos ist, kehren diese immer wieder  zurück. Auch hier hat es bereits Tote gegeben.

Da immer mehr Land von Großgrundbesitzern beansprucht und mit Energiepflanzen bewirtschaftet wird, haben viele Kleinbauern nicht mehr genug Land zum Überleben. Eigentlich müssten die Campesinos gegen den Hunger Lebensmittel wie Reis und Bohnen anbauen. Sie können aber mit den Dumpingpreisen der hoch subventionierten Anbieter auf dem Weltmarkt nicht konkurrieren.

Von Landkonflikten und Ernährungssouveränität

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