Fahnen auf dem Dach der Herberge Respetttrans (Foto: Dagmar Seybold)
Aus dem Blog unserer Reise nach Mexiko 2022

Von Charlotta Sippel

Seit im Jahr 2018 die Zahlen der Migrant*innen extrem anstiegen, wurden in Juárez einige neue Herbergen eingerichtet, die zumeist von religiösen Gruppen der katholischen und evangelischen Kirche betrieben wurden. In diesen Herbergen hatte die LGTBI+ Gemeinschaft keinen Platz, so dass Grecia Herrera die Herberge Respetttrans (Respektiere Trans) ins Leben rief, die ihre Türen für alle Menschen öffnete, aber in besonderer Weise vulnerable Gruppen wie z.B. Transfrauen schützt.

Grecia Herrera ist Aktivistin, Krankenschwester, Transfrau, Gründerin und Leiterin der Herberge Respetttrans, sie ist eine unermüdliche Frau, die jeden Tag dafür kämpft, dass den Frauen und Mädchen, die in ihrem Haus leben, nichts fehlt. „Mami Grecia“ wird sie von den Migrant*innen angesprochen und zwar deshalb, weil sie in Grecia in Wirklichkeit eine Mutter und in ihrer Herberge ein echtes Zuhause gefunden haben, mit allem, was dazu gehört: ein Dach, Essen, Kleidung und viel Liebe.

Derzeit leben fast 400 Personen in der Herberge, in großen Schlafsälen mit Doppelstockbetten, auf beengtem Raum ohne jegliche Privatsphäre und doch solidarisch und in familiärer Stimmung. Wir beteiligen uns am Kochen, heute sind die honduranischen Frauen an der Reihe, es gibt Pupusas und uns wird beigebracht, wie wir die Maisfladen richtig formen und mit Käse füllen.  Die Aufgaben sind unter den Migrant*innen verteilt: Küchendienst, Tischdienst, Putzdienst. Für die Mahlzeiten müssen die Menschen bezahlen, denn die Herberge erhält keine Unterstützung von Staat oder Kirche, sodass sie selbst stets über knappe Mittel verfügt und auf Freiwillige angewiesen ist. Daher gehen viele der Migrant*innen tagsüber arbeiten, andere leben von Ersparnissen oder dem, was die Familien ihnen schicken.  

Nach dem Essen spielen wir mit den Kindern im kleinen Patio, sie stellen unendliche Fragen, flechten uns Zöpfe und lernen Englisch-Vokabeln. Ich komme auch mit einigen Müttern ins Gespräch und treffe drei Frauen aus Guatemala. Sie erzählen, wie beschwerlich ihr Weg war. Maria*[1] erzählt, wie sie in einer Bodega gefangen gehalten wurde, sich nackt ausziehen musste, gedemütigt wurde und wie der Versuch die Grenze zu überqueren missglückte und sie nachts alleine mit Kindern auf den gefährlichen Straßen von Juárez stand. Mathilda* zeigt mir ein Foto von ihrem Mann, der vor einem Jahr umgebracht wurde, weshalb sie das Land verließ. Und sie zeigt mir Bilder von ihrer siebenjährigen Tochter, die sie nicht mitnehmen konnte und in Guatemala bei ihren Eltern lassen musste und jeden Tag vermisst.

Seit drei Monaten sind die beiden schon in der Herberge, wie lange sie noch warten müssen, ist ungewiss.

[1] Namen geändert

Mexiko – No. 8: Besuch der LGBTIQ+ Migrant*innenherberge
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